So stärken Sie Ihre Fähigkeit, Schönes wahrzunehmen
So stärken Sie Ihre Lebensfreude - auch an schwierigen Tagen
Wir alle kennen diese Tage, an denen selbst Dinge, die uns normalerweise Freude bereiten, zu anstrengend erscheinen. Sie sagen das Abendessen ab. Lassen den Spaziergang aus, von dem Sie wissen, dass er gut täte. Und am Ende fühlen Sie sich noch schlechter.
Wenn Sie sich niedergeschlagen, erschöpft, gestresst oder innerlich taub fühlen, fällt es schwer, auf das zuzugreifen, was Psycholog:innen als Belohnungssensitivität bezeichnen – Ihre natürliche Fähigkeit, positive Erfahrungen zu suchen und zu genießen. Die gute Nachricht: Diese Fähigkeit ist nicht festgelegt. Sie lässt sich stärken. Wie ein Muskel lässt sich auch Ihr „Freude-System“ durch kleine, regelmäßige Übungen trainieren.
Schauen wir uns an, wie das geht.
Was ist Belohnungssensitivität und warum ist sie wichtig?
Belohnungssensitivität beschreibt die Fähigkeit Ihres Gehirns, Positives wahrzunehmen, darauf zu reagieren und sich daran zu erinnern: Momente der Freude, der Verbindung, der Ruhe, der Schönheit, der Inspiration oder des Gelingens.
Studien zeigen, dass Menschen, die ihre Sensibilität für positive Erfahrungen steigern, sich oft optimistischer, motivierter und emotional ausgeglichener fühlen - selbst wenn sie gleichzeitig mit Ängsten oder Depressionen kämpfen.
In einer Studie von 2023 erzielten Menschen in Therapie mehr Fortschritte, wenn der Fokus darauf lag, positive Emotionen zu stärken, statt nur negative zu verringern. Auch andere Untersuchungen zeigen: Bereits kurze tägliche Übungen können Optimismus, Energie und Wohlbefinden steigern.
Eine kleine tägliche Übung für mehr Alltagsfreude
Hier ist eine einfache Übung, die sich in der Praxis bewährt hat. Probieren Sie sie eine Woche lang täglich aus - oder länger, wenn sie Ihnen guttut.
Wählen Sie pro Tag eine kleine, angenehme Aktivität.
Etwas, das Ihnen Freude bereitet oder ein Gefühl von Sinn oder Gelingen vermittelt. Es muss nichts Großes sein: eine Tasse Kaffee in der Sonne, ein kurzes Telefonat, ein Spaziergang ums Haus, ein Lieblingssnack, ein paar Seiten in einem Buch.Genießen Sie den Moment ganz bewusst im Nachhinein.
Schließen Sie die Augen und rufen Sie sich das Erlebnis in allen Einzelheiten ins Gedächtnis: Wo waren Sie? Was haben Sie gesehen? Wie hat es sich angefühlt? Beschreiben Sie es sich laut im Präsens („Ich sitze auf dem Balkon, die Sonne wärmt mein Gesicht…“). So speichern Sie die Erfahrung tiefer im Gehirn.
Diese Technik – Savoring genannt – stärkt Ihre Fähigkeit, positive Emotionen zu erkennen und wiederzuerleben. Und sie wirkt auch, wenn sich die Freude nur schwach oder kurz zeigt.
Weitere einfache Wege, Ihre Belohnungssensitivität zu stärken
Erweitern Sie Ihren Wortschatz für Freude.
Statt nur „gut“ oder „okay“ zu sagen, versuchen Sie genauere Begriffe: ruhig, erfüllt, hoffnungsvoll, stolz, gerührt, begeistert, neugierig. Das hilft Ihrem Gehirn, diese Gefühle bewusster zu registrieren.
Teilen Sie Ihre positiven Momente.
Wenn jemand fragt, wie Ihr Tag war, erzählen Sie nicht nur vom Stress. Erwähnen Sie auch das Schöne, das Lustige, das Gelungene. So verstärken Sie diese Momente für sich und geben anderen etwas Positives mit.
Setzen Sie kleine Enttäuschungen in einen anderen Rahmen.
Nehmen wir an, nur eine Person kam zu Ihrer Dinner-Einladung. Statt zu denken: „Nur eine Person kam zum Abendessen, das war ein kompletter Reinfall“, könnten Sie sagen: „Ich hatte ein richtig gutes Gespräch.“ Auch kleine Lichtblicke zählen.
Stellen Sie sich positive Ergebnisse vor.
Wenn Ihnen vor etwas in Ihrem Kalender graut, stellen Sie sich das Beste daran vor: den Stolz nach dem Training, das Lachen mit einer Freundin, das Gefühl der Verbindung nach dem Gespräch. Das bereitet Ihr Gehirn darauf vor, Positives wahrzunehmen.
Erlauben Sie sich, sich gut zu fühlen.
Gerade Menschen mit Ängsten oder Depressionen fühlen sich manchmal unwohl, wenn etwas schön ist. Freude kann sich ungewohnt, unverdient oder sogar riskant anfühlen. Das ist normal. Gezielte Freude bedeutet nicht, Schmerz zu verdrängen, sondern emotionale Widerstandskraft zu fördern, indem Sie auch dem Raum geben, was Sie nährt.
Freude und Schmerz dürfen gleichzeitig da sein
Sie müssen nicht rundum glücklich sein, um Freude zu erleben. Es ist okay, Trauer oder Stress zu spüren und trotzdem die Sonne im Gesicht zu genießen oder über etwas zu lachen. Ich erinnere Klient:innen oft: Freude zu finden heißt nicht, so zu tun, als sei alles gut. Es heißt, Raum zu schaffen für kleine, bedeutsame Momente, die Sie im Hier und Jetzt verankern, auch dann, wenn das Leben sich von seiner schwierigen Seite zeigt.
Wenn Sie sich wieder mehr mit diesen Momenten verbinden möchten oder wenn Sie derzeit kaum Freude spüren können, unterstütze ich Sie gern dabei. Gemeinsam können wir Ihre Fähigkeit zur Freude stärken - ganz behutsam, auch in schwierigen Zeiten.